Als ich schon groß aber nicht erwachsen war, waren meine Hände immer von vielen kleinen Kratzern und Schnitten übersät. Ich habe mich einfach an allem geschnitten: PC-Gehäuse, Papier, Alufolie (lacht nicht, das geht wirklich und tut auch noch höllisch weh), sogar Grafik- und Netzwerkkarten und noch vieles mehr. Dann wurde ich erwachsen und meine Hände konnten sich erholen, denn ich wusste, an so banalen Dingen würde ich mich sicher nicht mehr verletzen... zumindest dachte ich das bis gestern.
Das Jahr fängt gut an: neue Hardware! Edles Aluminium, ein Hauch von Luxus. Das ist wie Weihnachten, Ostern und Geburtstag in einem; ich gebe es offen zu: darüber kann ich mich freuen wie ein kleines Kind. Diese Freude kann aber schnell in böse Worte umschlagen, wenn man liebevoll das Gehäuse streichelt und im selben Zug eine rote Spur auf dem schönen Aluminium hinterlässt.
Verdammt, ein Grat. Total unauffällig und scharf wie ein Rasiermesser. Es tut zwar nicht wirklich weh, blutet aber, als hätte ich mir gerade die Schlagader aufgeschlitzt. Fluchend halte ich mit den verrenkten Fingern der verletzten Hand ein Papiertaschentuch auf den Schnitt, während ich mit der anderen ein Pflaster aus der Schublade fische. Unter Zuhilfenahme der Zähnen reiße ich es auf, wobei ich mir an dem Papier natürlich den Mundwinkel anritze. Einen gotteslästerlichen Fluch später kann ich das Pflaster dann endlich auf den winzigen, dennoch in Strömen blutenden Kratzer kleben und mir sprichwörtlich die Wunden lecken.
Das ist jetzt einfach zu viel. Ich gehe nach Hause, der Nachmittag kann mir gestohlen bleiben. Mürrisch will ich mich in mein Sanktuarium zurückziehen (ich will für heute einfach nichts mehr mit Arbeit zu tun haben), als man mir einen neu erworbenen Kopfhörer unter die Nase hält. Der Besitzer schimpft über die Tatsache, dass dieser auf die umständlichste Art und Weise in Kunststoff eingeschweißt ist. Kein Problem, ich habe ja immer ein Messer am Schlüsselbund. Der Schnitt verläuft perfekt an der Innenkante der Verpackung, die Verpackungskante wiederum perfekt an der Kante meines Fingers.
Ein weiteres Pflaster später knalle ich eine Tür zu, drehe zweimal den Schlüssel um, werfe mich ins Bett und wünsche mir, dass es einfach nur noch Morgen wird.
Allen Lesern dieses Blogs ein gutes neues Jahr 2011.
Geschnitten oder am Stück?
04.01.2011 - 13:00